Michael Hübner erzählt, wie alles begann
Da sitze ich, nassgeschwitzt und „fröhlich fertig“. Habe ja auch das letzte gegeben für diese Bande. Die Kinder haben den Raum verlassen. Noch alles schnell aufräumen und vorbereiten für Morgen. Dann geht die Kinderwoche weiter. Aber was ist das? Es kommt aus einer Ecke: „Herr Hübner, hast Du noch mal Zeit für mich?“ Ein Junge, – ich nenne ihn Jens, stand da vor mir. „Was ist denn?“ „Ich muss Dir was sagen…“
Wir setzen uns zusammen in einem Nebenraum. Mit entschiedener Klarheit platzt es aus ihm: „Papa haut uns immer, sobald Mama fortgeht, und wir Kinder müssen uns verstecken…“ Dann höre ich aus dem Munde dieses 11jährigen dramatische Familiensituationen, die mich geradezu umhauen. Ein wenig hilflos lade ich ihn zum nächsten Tag ein: „Komm doch mal mit deiner Mama!“ Und tatsächlich kommt er: „Mama, du setzt dich bitte da hin und ich hier“. Er weist entschlossen auf den Platz gegenüber am Tisch. Ich sitze wie zum Schutz zwischen beiden. Beherzt schaut er seine Mutter an. Nun erlebe ich einen Jungen, wie er, – zum ersten Mal, wie ich später höre, – seiner Mutter schaurige Familienereignisse mit seinem Vater erzählt. Diese ist mit Tränen in den Augen, sprachlos und völlig am Ende. Und ich sehe mich selbst als ziemlich hilflos. Eines ist mir klar, – hier wird akut Hilfe gebraucht.
Diese und ähnliche seelsorgliche Begegnungen ließen mich als jungen Mann nicht los. Als Kinderevangelist konnte ich wohl zu einem Weg mit Jesus ermutigen. Aber bei solchen Problemen war ich am Ende. Wirklich?
Heute sage ich: Hier war eigentlich der Anfang. Als ich diesen Jens etwa 20 Jahre später als jungen Familienvater wiedersah, konnte ich ihm sagen: „Diese Stunde und dein kindlicher, aber entschlossener Mut waren die Geburtsstunde der Stiftung Therapeutische Seelsorge“. Und Jens sagte mir, wie Jesus zu ihm in der Kinderwoche gesprochen und solchen Mut gegeben hatte.
Angefangen mit einem brennenden Herzen für Ehen und Familien, machten meine Frau und ich uns 1988 auf den Weg. Mutige Vorstände des Bayerischen Jugendverbandes „Entschieden für Christus“ (EC) e.V. und hunderte williger Spender ermöglichten, was wir nie zu träumen wagten.